Intro
Scalpa
Ein 1-monatiges Stipendium des Galway Arts Council brachte mich im Februar 2010 in das kleine Kulturzentrum Aras Eanna auf Inis Oirr, der kleinsten der drei Aran Inseln, die an der Westküste Irlands vor der Stadt Galway im Atlantik liegen.
Die visuellen und sozialen Erfahrungen in einem bis vor wenigen Jahrzehnten noch teilweise über Monate völlig isolierten Lebensraum, das Eindringen der Außenwelt in ein autarkes System und die nicht zu übersehenden negativen Auswirkungen auf Begriffe wie Tradition, Geschichte und soziale Strukturen, waren die Auslöser für die Bilderserie “Scalpa”.
Scalpa ist ein Begriff der gälischen Sprache, haupsächlich benutzt auf den Aran Islands, und kann mit “Die Zwischenräume in Trockenmauern” übersetzt werden. Diese lose aufgeschichteten Trockenmauern überziehen die Inseln wie ein Spinnennetz und haben über Jahrhunderte ein Überleben auf diesen Inseln dadurch ermöglicht, dass sie Felder und Weiden, vor Wind und Meer geschützt haben. Mit dem technischen Fortschritt und der zunehmenden Versorgung von Außen haben die Steinmauern ihre lebenserhaltende Aufgabe verloren; in gleichem Maße hat sich auch das gesamte soziale System der Inseln gewandelt. Für meine Bilderserie habe ich typische Motive der Insel gesucht und sie mit Shilouetten der
Trockensteinmauern kombiniert. Jede Arbeit besteht aus zwei unabhängigen Bildern, die in zwei Ebenen übereinander liegen. Die Löcher und Risse in den Steinmauern sind das optisch hervorspringende Merkmal der Arbeiten. Sie wirken als abstrakte Formen und verbinden die beiden Bildebenen miteinander. Gleichzeitig blenden sie aber auch Teile der Inselmotive aus und verweisen so auf den Prozess der Auflösung der Schutzfunktion und den damit verbundenen Verlust von Identität.